Wer die Hand an den Pflug legt... Predigt vom 3. März (Lk9,57-62)

Wer die Hand an den Pflug legt... Predigt vom 3. März (Lk9,57-62)

Wer die Hand an den Pflug legt... Predigt vom 3. März (Lk9,57-62)

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Wer die Hand an den Pflug legt... Predigt vom 3. März (Lk9,57-62)

Anna ist 19, letztes Jahr hat sie den Schulabschluss gemacht. Jetzt ist sie mit ihrem Freund in Australien. Die beiden fahren durchs Land ohne festen Wohnsitz und schlafen im Auto. Wenn das Geld knapp wird, suchen sie Arbeit. Erdbeeren pflücken oder Tiere zerlegen im Schlachthof. Dann geht es weiter an den Strand oder in die Wüste.

Sie wollen gucken wie das geht, ohne Eltern in der Nähe, weit weg von der kleinen Stadt, wo sie alles kennen. Die Welt sehen, Erfahrungen machen, die eigene Kraft spüren. Wenn sie wiederkommen, sind sie erwachsen. Wenn sie wieder kommen!

Jürgen ist in den besten Jahren. Verheiratet, die Kinder schon groß. Ein guter Job, aber viel Druck.  Einmal im Jahr ist er weg. Fliegt mit seinen besten Freunden nach Spanien und geht den Jakobsweg. Tagelang zu Fuß unterwegs von Herberge zu Herberge. Am Tag Staub und Hitze, nachts Stockbetten im Schlafsaal. Aber das stört ihn nicht. Der Alltag ist weit weg, der Kopf wird frei und der Körper freut sich über die Bewegung. Er kommt zur Besinnung. In den Kirchen am Wegesrand kann er beten.  

Einer sprach zu Jesus: Ich will dir folgen, wohin du gehst. Was ist das für einer? Sein Name wird nicht genannt. Ein junger Kerl, der raus will aus dem Dorf? Seinen Weg suchen, sein Glück machen? Oder einer im Mittelalter, der eine Auszeit braucht von Familie und Beruf? Vielelicht einer, der den Faden verloren hat und jemand sucht, dem er folgen kann? Womöglich einer, der seine Ehe ruiniert hat, seinen Job in den Sand hat und weg will, neu anfangen? Wir wissen es nicht.

Jesus bremst ihn: Die Füchse haben ihren Bau, die Vögel ein Nest. Wer mit mir geht, hat kein Dach über dem Kopf, keinen Ort wo er hingehört. Weißt du, worauf du dich einlässt? Bist du dafür reif? Dies ist kein Kindergeburtstag und kein Interrail-Ticket. Kein Selbstfindungstripp, keine Flucht. Wir sind auf dem Weg nach Jerusalem. Es wird ernst! Und gefährlich. Vielleicht kommen wir nicht wieder. 

Musik

Als meine Mutter gestorben ist, haben wir Geschwister sie begraben. Natürlich, selbstverständlich! Du sollst Vater und Mutter ehren. Und wer tot ist, kann nicht mehr für sich selbst sorgen. Sein Leib muss würdig begraben werden. Heilige Pflicht, unbedingte Menschenwürde.

Jetzt fordert Jesus einen auf: Folge mir nach! Aber da hat er wohl aneben gegriffen:  Dieser kann nicht mitgehen, er muss seinen Vater beerdigen! Heilige Pflicht. Nein, sagt Jesus, lass das. Das können andere tun. Deine Geschister oder die Nachbarn. Das findet sich. Ich brauch dich jetzt für etwas anderes: Geh und verkündige das Reich Gottes.

Mhhm. Kann Jesus nicht einfach zugeben, dass er den falschen angesprochen hat? Hält er sich für unfehlbar? Verlangt Gehorsam, statt sich zu entschuldigen? Stellt sich über das Gesetz und Gottes Gebot? Jesus - ein Rechthaber, dem nichts heilig ist?

So ist Jesus vielen vorgekommen. Wo kommen wir hin, wenn jeder das tut - Jesus nachfolgen und die Familie im Stich lassen? Deshalb wird es auch ernst für ihn in Jerusalem. „Besser, ein Mensch stirbt, als dass das ganze Volk verdirbt.“ (Joh 11,50)

Nun, Jesus sagt es nicht zu allen: Lasst das mit dem Vater begraben. Er sagt es zu einem. Vielleicht war das bei ihm richtig?

Ich kenne mehr als einen, da war der Vater weg noch vor der Geburt, hat sich nie  gekümmert. Oder Papa hat getrunken und geschlagen, bis Mama sich ein Herz fasste und wegging. Der Start ins Leben war deshalb schwer und noch heute kommt der eine und die andere deshalb schwer zurecht seelisch und finanziell. Wenn dann das Amt anruft und sagt: Ihr Vater ist gestorben, bitte kümmern sie sich um die Beerdigung.Dann ist das manchmal zu schwer und der eine oder die andere sagt. Nein, ich muss ich mich um mich selbst kümmern und um meine Kinder, das ist wichtiger. Vielleicht sagt Jesus  dann auch: Lass. Lass das andere machen. Das Amt und die kirchlichen Initiatvien, die Trauerfeieren machen für Ordnungsamtsbestattungen. Du aber geh hin und kümmere dich um dein Leben.

Ich kenne mehr als einen, da sagen Mutter oder Vater: Du musst die Firma übernehmen. Oder du musst studieren, weil ich das damals nicht konnte. Du musst die Weltreise machen, weil ich das immer wollte. Du musst in der Stadt bleiben, weil ich ohne dich nicht kann. Du musst mich mal pflegen. Obwohl der Sohn, die Tochter dabei unglücklich wird, ihr Leben verpasst. Jesus würde ihr den Rücken stärken und sagen: Lass das! Lass Vater und Mutter ihre toten Pläne begraben, statt sie dir aufzuladen. Ihre Träume selber leben oder die unerfüllten begraben und betrauern, wie sich´s gehört. Lass sie die Firma beerdigen, selbst auf Reisen gehen, sich Freunde suchen, ihr Alter organisieren. Dein Weg geht in eine andere Richtung. Ich brauche dich anderswo.

 Musik

 Zu Hause hatten wir einen Gemüse-Garten. Wenn die Kartoffeln gepflanzt waren und die grünen Triebe aus der Erde guckten, musste man sie anhäufeln. Es gab einen Pflug mit einer einzigen Pflugschar und zwei Handgriffen. Die muste man fest packen und zwischen den Reihen durch den Boden ziehen. Dann enstand eine Furche und um die Pflanzen wurde die Erde angehäuft. Dazu brauchte ich meine ganze Kraft, denn der Pflug war schwer und die Erde fest. Man musste aufpassen, dass die Furche gerade wurde, denn sonst machte man leicht  Schlangenlinien und man grub die Pflanz-Kartoffeln gleich wieder aus.

Eigentlich war es das Hobby meiner Eltern. Ich  hätte lieber in der Sonne gesessen oder Hausaufgaben gemacht oder einen Freund besucht, als im Garten zu schwitzen. Aber ich habe es durchgezogen und die Ernte war dann herrlich: Wenn man mit der Mistgabel die Kartoflen aus der Erde holt und es sind viele große, goldgelb.  Oder morgens früh in den Garten, Erdbeeren pflücken und gleich in den Mund stecken, das ist das beste, das man sich vorstellen kann. Ganz zu schweigen von den Gurken und Tomaten aus dem eigenen Garten, die schmecken.

Jesus ist schon fast fort, weiter nach Jerusalem. Da kommt zuletzt noch einer angelaufen. Herr, ich will auch mit dir gehen, aber! Ich will, aber!  Ja, was willst du denn nun? Von der Familie Abschied nehmen. Ach so. Das kann man ja schlecht abschlagen. Das ist ein Bedürfnis und gehört sich so. Nein, sagt Jesus, damit kann ich mich jetzt nicht aufhalten. Ich muss nach Jerusalem. Entscheide dich! Hü oder hott. Komm mit oder bleib.

Ich frage mich, was für eine Familie ist das? Was für ein Abschied wäre es?

Würden sie dem Sohn und Bruder ihren Segen geben? Alles Gute wünschen, Rückenwind geben und Mutmachen. Geh mit Gott? Oder würden sie weinen, jammern, klammern? Ich mach mir solche Sorgen. Das kann nicht gut gehen, viel zu gefährlich, dieser seltsame Jesus. Bleib doch, wie sollen wir ohne dich, du lässt uns im Stich, verlorener Sohn, schwarzes Schaf. Wenn man da weg will, muss man sich losreißen. Macher hat seine Gründe, den Kontakt zur Familie ganz abzubrechen. Weil er sonst nie loskommt von Verstrickung, falschen Verpflichtung, unfairen Auflagen. Nichts wie weg.  The first cut is the deepst. Schau nicht zurück, sagt Jesus diesem einen. Lass das Wenn und Aber. Schau nach vorne. Du hast ein Feld zu bestellen, einen Acker zu pflügen, ein Leben zu leben. Das braucht deine ganze Aufmerksamkeit. Es wird anstrengend, unbequem, ernst. Du gehst ins Ungewisse. Du wirst nicht unverletzt durchkommen, sondern gezeichnet und verwundet. Aber du wirst erwachsen werden. Du wirst dein Leben leben, wo Gott dich braucht. Die Ernte wird groß sein. Folge mir nach.

Und der Friede Gottes, der höher ist als alle Vernunft, bewahre eure Herzen und Sinne in Christus Jesus. Amen.

Predigt im Kantaten-Gottesdienst am 3. März 2024 von Pastor Matthias Altevogt

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