Der Buchstabe tötet, aber der Geist macht lebendig - Predigt vom 13. Oktober

Der Buchstabe tötet, aber der Geist macht lebendig - Predigt vom 13. Oktober

Der Buchstabe tötet, aber der Geist macht lebendig - Predigt vom 13. Oktober

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Der Buchstabe tötet, aber der Geist macht lebendig - Predigt vom 13. Oktober

Meine Oma hat immer gesagt... Ich werde nie vergessen, was dieser Lehrer uns eingeprägt hat... An ihr Vorbild halte ich mich bis heute. Es gibt es Menschen, denen wir viel verdanken. Die uns  wesentliches Einsichten und Erfahrungen geschenkt haben. Türen geöffnet haben? Eine Sicht aufs Leben vermittelt. Den Glauben eröffnet, Gott nahe gebracht. Menschen, die uns etwas fürs Leben mitgegeben haben, deren Worte wir uns zu Herzen genommen haben. Solche Menschen haben uns geprägt. Haben sich eingeschrieben in unser Gedächtnis, in unsere Lebensgeschichte. Ihre Spuren kann man heute ablesen in unseren Herzen, in unserem Tun. 

 II Paulus liest einen Brief. Er kommt aus Korinth in Griechenland, dort hat er 2 1/2 Jahre gelebt und eine Gemeinde gegründet. Er hat dort eine ganze Reihe von Menschen geprägt, als Lehrer und Vorbild, Vertrauensperson. Er hat ihnen Jesus Christus nahe beigebracht, seine Liebe, die stärker ist als der Tod.  Durch Paulus sind sie Gott begegnet, der Himmel und Erde geschaffen hat, sie haben Vertrauen zu gefasst. Paulus hat ihnen etwas unendlich Wertvolles aufgeschlossen. Er hat ihr Leben verändert. 

 III Deshalb ist der Brief aus Korinth an Paulus seltsam, verstörend. Andere Prediger sind nach Korinth gekommen. Ihnen gefällt das nicht, die enge Bindung der Gemeinde an ihren Gründer, dass er immer noch um Rat gefragt wird, sein Einfluss aus der Ferne stört sie. Sie haben Misstrauen gesät gegen Paulus. Den kennen wir gar nicht. Er ist keiner von den allgemein anerkannten in der jungen Christenheit. Sie fragen, ob er Empfehlungsschreiben vorgelegt hätte von andren Gemeinden, Beglaubigungen, Beauftragungen von Autoritten? Aus Jerusalem zum Beispiel von den Apostel. Die sind Autoritäten, weil sie Jesu Schüler waren. Sie haben alles miterlebt. Ihnen hat er sich auch gezeigt nach der Auferstehung. Die Briefschreiber aus Korinth geben diese Fragen an Paulus weiter. Hast Du da was? Kannst du uns etwas Schriftliches vorlegen, dich legitimieren?

 IV Paulus ist traurig, auch wütend. Sie wissen doch, was sie ihm verdanken. Warum lassen sie sich jetzt anstecken vom Misstrauen. Was soll er ihnen antworten? Empfehlungsschreiben? 

Ja, er hat Theologie studiert in Jerusalem, bei dem renommierten Rabbi und Schriftgelehrten Gamaliel. Das wär eine Referenz. Paulus hat eine solide Ausbildung. Er kennt sich aus in Thorah und Propheten.  

Aber jetzt geht es doch um Jesus Christus. Etwas ganz Neues hat Gott getan, als er seinen Sohn schickte. Als er gekreuzigt wurde und auferstand. Ein neuer Weg zu Gott ist durch Jesus aufgetan. Nicht nur für Juden. Auch für die Völker. 

Darüber gibt es noch gar nichts Schriftliches. Die Erinnerung an Jesus ist frisch und lebendig. Auch an Karfreitag und Ostern. Das hat noch niemand aufgeschrieben. Die Evangelien gibt es noch nicht, kein Neues Testament, keinen 2. Teil der Bibel. Es war auch nicht nötig. Die Augenzeugen erzählen ja begeistert: Wir haben den Herrn gesehen! Er ist uns erschienen! Liebe stärker als der Tod! 

Der Geist Gottes weht kräftig zur Zeit des Paulus. Schafft Glauben und Gottvertrauen. Er braucht noch keine Stütze durch Buchstaben und Heilige Schriften. Ein Brief des Paulus ist einfach ein Brief - lebendiger Dialog, noch keine Heilige Schrift, über die sich die Gelehrten beugen. 

 Paulus ist auch ein Apostel, ein Zeuge, dem Jesus selbst erschienen ist. Vor Damaskus ist er vom Saulus zum Paulus geworden. Er wurde blind vom himmlischen Licht, das hat ihm die Augen geöffnet: Jesus ist der Gesalbte Gottes, der Messias. Da brauchte er nicht nach Jerusalem, um sich einen Stempel abzuholen. Er brauchte kein Diplom und kein Empfehlungsschrieben. Keine Priesterweihe, keine Ordination. Christus selbst hat ihn beauftragt und beglaubigt.

 V Es ist bitter für Paulus, so einen kleinkarierten misstrauischen Brief zu bekommen der nach Schriftlichem fragt. Von Menschen, die es eigentlich besser wissen. Was soll er antworten diesen Korinthenkackern? 

Er hat eine Idee: Liebe Freunde in Korinth, wenn einer Empfehlungsschreiben sehen will, die mich beglaubigen, dann soll er euch anschauen. Er soll euch fragen. Ihr seid meine Beglaubigung. Euch habe ich ins Herz geschrieben: Den Glauben an Christus, das Vertrauen auf Gott. Mehr gibt es über mich nicht zu lesen. Weniger nicht. 

Sagt ihnen: Gottes Gebote sind in Stein gemeißelt, auf die Tafeln, die Mose gebracht hat vom Berg. Aber Gottvertrauen ist ins Herz geschrieben, mit lebendigem Geist, Begeisterung, Feuer. 

Der Glaube an Christus ruht nicht auf Schrift und Buchstaben, sondern auf Vertrauen und lebendiger Beziehung. Eine starke Antwort, würdig eines Apostels. 

VI Aber das ist lange her. Längst ist alles zu Buchstaben geronnen, erstarrt. Die begeisterten Augenzeugen sind nicht mehr unter uns. Matthäus, Markus, Lukas, Johannes haben alles aufgeschrieben von Jesus. Hier an der Kanzel kann man sie sehen, wie sie schreiben. Die Briefe des Paulus wurden sorgfältig aufbewahrt, gesammelt, abgeschrieben, weitergegeben. Und schließlich alles zusammen gefügt zum Neuen Testament. 

Gut so! Sonst wäre es verloren gegangen. Aber auch eine Not! Nun ist es fixiert - schwarz auf weiß, erstarrt. Kein Feuer, nur Asche. Stumme Tinte auf Papier. Eingesperrt in Buchseiten, sie verstauben  im Bücherregal. Gefangen in der Hand der Theologen, die manchmal meinen, nur sie verstehen es richtig und können es den Laien doch nicht verständlich machen. 

"Heilige Schrift" - ein Buch mit sieben Siegeln. Weites unbekanntes Land, wer durchstreift es heute?  Wer kennt noch die weiten Landschaften der Bibel, wo Milch und Hong fließen - aber auch ihre dunklen Seiten? Heilige Schrift, voll Ehrfurcht links liegen gelassen. So hoch gehängt, dass man nicht dran kommt. 

 VII Die toten Buchstaben können wieder lebendig werden. Wenn das Buch aufgeschlagen wird, gelesen, am besten laut. Vorgelesen. Oder gesungen. 

Wenn die Worte bedacht und ausgelegt werden. Am Besten im Dialog, wo zwei oder drei zusammen sind. Denn die Wahrheit beginnt zu zweit. Im Gespräch werden die Worte gelüftet, der Geist Gottes weht hindurch. 

Nicht das Buch wie einen Ziegelstein auf den Gesprächspartner werfen, nicht wie einen nassen Lappen wörtlich um die Ohren hauen. Das Wort belauschen, schmecken, im Herzen bewegen. 

Dann kann das Wunder geschehen, das Christus in unsere Mitte tritt und zu den Herzen spricht. Viva vox, die lebendige Stimme Christi haben Luther und seine Freunde das genannt. Vina Vox Christi - lebendige Stimme Jesu. 

Dass Wunder kann geschehen, dass wir uns verständigen, was Gottes Botschaft für uns heute ist, was wir tun sollen. Eine Botschaft, ein Tun der Liebe, die stärker ist als der Tod. 

Der Buchstabe tötet, aber der Geist macht lebendig. Nichts ist in Stein gemeißelt, auch nicht sie Worte der Bibel. Was würde Jesus heute tun? Alles was ihr tut, lasst in der Liebe geschehen. 

Und der Friede Gottes, der höher ist als alle Vernunft, bewahre eure Herzen und Sinne in Christus Jesus. Amen.

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