
04/09/2025 0 Kommentare
Haben Sie Brot von morgen? - Predigt am 3. August von Pastor Matthias Altevogt
Haben Sie Brot von morgen? - Predigt am 3. August von Pastor Matthias Altevogt
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Haben Sie Brot von morgen? - Predigt am 3. August von Pastor Matthias Altevogt
Wenn sie zum Bäcker gehen und sagen: Ich möchte gern ein Brot. Dann fragt die Verkäuferin: Welches hätten sie denn gern? Eine Hermannskruste oder ein Dinkel-Hafer-Brot? Ein Knusperlandbrot oder einen Kornkracher? Baguette oder Ciabatta? Weißbrot oder Hefezopf? Bei den Brötchen noch mehr Sorten: normale, Roggen, Mehrkorn, Mohn und Sesam. Weltmeister, Sylter Ecke, Strohsemmeln. Kartoffel, Kürbiskern, Mohn- und Sonnenblumen. Dinkel, Hafer- und Käsebrötchen, Croissant und Schoko-Croissant. Jeder kann sich seine Lieblingssorte aussuchen. Jeden Tag wird frisch gebacken und am Abend ist immer noch etwas übrig. Das wird dann die Tafel gespendet, oder in großen Tüten verbilligt abgegeben: Too good to go. Oder man kann es am nächsten Tag für den halben Preis bekommen. Brot von gestern.
Dabei muss Brot gar nicht frisch sein, es hält sich viele Tage. Wenn man es gut aufbewahrt, wird nicht schimmlig, nur hart. Das kann man in warme Milch einplocken, einen süßen Auflauf daraus machen oder arme Ritter backen.
Eine Frau wacht auf, mitten in der Nacht. Sie hat ein Geräusch gehört. Nebenan in der Küche. Jemand ist an einen Stuhl gestoßen. Der Platz neben ihr im Bett ist leer. In der Küche findet sie ihren Mann, er schaut schuldbewusst, ertappt. Auf dem Tisch Brotkrümel. Obwohl sie abends alles abgewischt hat. "Ich habe ein Geräusch gehört und wollte nachsehen. Es war wohl der Wind, drau0en hat was geklappert." Er hat sich heimlich eine Scheibe Brot abgeschnitten und er schämt sich. Jeden Abend 3 Scheiben für ihn, drei für sie, das ist die Ration. Er konnte nicht schlafen vor Hunger und hat es nicht ausgehalten. Sie tut, als hätte sie es nicht bemerkt. Sie tut, als ob sie einschläft, atmet tief und gleichmäßig. Da hört sie ihn kauen.
Am nächsten Abend sagt sie zu ihrem Mann: Iss du vier Scheiben, 2 sind genug für mich, mehr verträgt mein Magen nicht am Abend. Ob sie es mit Wut im Bauch sagt oder aus Liebe, wer weiß?
Wolfgang Borchert, ein Schriftsteller hat diese Geschichte aufgeschrieben. Erfunden. Aber solche Geschichten haben sich abgespielt im Krieg und in den Jahren darnach. Unsere Eltern und Großeltern haben gehungert. Es geschieht heute wieder. In Gaza wird gerade ein Volk ausgehungert. Es schreit zum Himmel.
Hunger bringt das schlimmste in Menschen hervor. Einer stiehlt dem andern das letzte Stück Brot, um zu überleben. Hunger bringt das Beste im Menschen hervor. Eine gibt ihr letztes Stück Brot ab, damit ein anderer überlebt. Das Kind, der geliebte, sogar der Fremde. In der Verbannung, im Krieg, im Lager.
Jesus ist das Brot des Lebens, das vom Himmel kommt. Jesus gibt, was ich zum Leben brauche. Das Brot, vom dem ich täglich ess. Das nie alt wird. Haben sie Hunger nach Gott? Vermutlich ja, wenn Sie am Sonntag in die Kirche kommen. Mitten in den Ferien, wo hier kein besonderes Programm ist. Nur Gebet, Gottes Wort, Lieder mit der Orgel, ohne Chor und Solisten. Heute gibt es keinen Anlass, heute braucht es schon ein Bedürfnis. Sie könnten jetzt ja auch brunchen. Bei Croissants und Marmelade. Aber sie fühlen das vermutlich: Der Mensch lebt nicht vom Brot allein.
Nach dem Krieg waren die Kirchen voll. Es wurden sogar viele neue gebaut.
Die Mensch hatten Hunger. Nach Brot und nach Gott. Soviel Schrecken erlebt, so viele gestorben, soviel gehungert. So große Not, so große Schuld. Die Menschen hatten Hunger nach Trost, nach Zukunft, nach Vergebung. Heute sagen nur noch gut ein Zehntel der Menschen in Deutschland: Ich bin religiös. Glaube an Gott ist täglich Brot für mich. Das nährt mich. Über die Hälfte sagt: Religion spielt für mich keine Rolle. Das schmeckt mir nicht. Glaube ist fade oder ungenießbar. Jesus - Brot von gestern, muffig, angeschimmelt, hart. Mich macht anderes satt. Es gibt so viel, was Sinn gibt, Farbe ins Leben bringt, Freude macht. Fast so viel wie Brot- und Brötchensorten. Da ist für jeden was dabei. Jesus - Brot des Lebens. Für mich stimmt das. Aber erklär das mal jemand der das für staubiges Knäckebrot hält.
Ich glaube, es gibt einen Hunger, den haben viele. Aber es gibt nichts, das ihn stillen kann. Man kann sich höchsten ablenken, um ihn nicht so zu spüren. Es ist Hunger: Nach Hoffnung, nach Zuversicht. Bei allem, was in der Welt passiert und uns Angst macht. Hunger nach Frieden und Einigkeit zwischen den Menschen und den Völkern. Dass Liebe wieder zählt, Respekt, Zuhören.
Man schaut, was in der Welt passiert, Angst lähmt und verdirbt den Appetit. Manchmal kriegt man keinen Bissen mehr unter.
Jesus ist nicht der starke Mann, der die Sache in die Hand nimmt, in den Griff bekommt, zurecht biegt. Offensichtlich nicht. Was dann? Schauen wir ihn uns einmal mal an. Wir haben ihn ja vor Augen dort am Kreuz. Jesus stillt meinen Hunger, weil er mich sieht. Er sieht was mir am meisten fehlt. Er sieht was dich quält, und den Kampf den du kämpfst. Was nur wenige wissen oder niemand Jede und jeder kämpft einen stillen Kampf, aber wir reden nicht darüber.
We don´t talk about fight club. Jesus weiß es und sieht mich. Vielleicht der größte Hunger: Gesehen zu werden.
Ich sehe Jesus und ich sehe: Offene Arme. Weit ausgebreitet. Zu ihm kannst du kommen. Bei ihm ist Trost und Heimat. Ich sehe: Seine Hände sind durchbohrt. Alles was an mir reißt, was an dieser Welt zerrt und sie quält. Das spürt er am eigenen Leib. Und hält es aus. Hält dagegen. Er ballt keine Faust. Er zieht sich nicht zurück in sich selbst. Er hält die Arme weit offen. Denn Liebe ist stark wie der Tod. Liebe überwindet das Böse mit Gutem. Jesus hält das durch. Das ist täglich Brot des Lebens. Hoffnung gegen alles was dagegen spricht.
Dann ist da ja auch das Abendmahl. Da gibt es Brot und viel mehr. Jesus lädt uns ein und wir leben seinen Traum: Alle sind eingeladen, jeder hat einen Platz und gleiches Recht. Alle teilen miteinander. Keiner bleibt draußen, keiner geht leer aus. Wir geben uns die Hand. Das ist Gottes Traum von der Zukunft. Noch ist das Zukunftsmusik, aber sie weist uns den Weg. Liebe ist möglich, Gemeinschaft, Gerechtigkeit. Gott arbeitet daran und wir sind berufen mitzuhelfen.
Im alten Griechenland, so 500 Jahre vor Christus lebte in Athen ein Philosoph, Sokrates. Er dachte über das Leben nach. Und er ging auf die Straße und stellte den Leuten Fragen, damit sie auch anfingen über das Leben nachzudenken. Ich hatte einen Kollegen in Detmold, Pastor Horst, er ist schon im Ruhestand. Pastor ist ein christlicher Philosoph, ein Sokrates. Er geht manchmal raus und stellt den Leuten Fragen. Einmal ging er zum Bäcker. Und als er an Reihe war, hat er gefragt: Haben sie Brot von morgen? Ich möchte Brot von morgen!
Wenn wir Abendmahl feiern, essen wir das Brot von morgen. Jesus ist das Brot von morgen. Er zeigt uns die Zukunft, die er schaffen wird. Weil Liebe stärker ist als der Tod und das Böse mit Gutem überwindet. Liebe erträgt alles, hofft alles. Und sie hört niemals auf.
Übrigens, diese Woche habe ich beim Bäcker ein Brot gekauft. Ein gutes feines, mein Lieblingsbrot. Ich wollte es heute mitbringen auf die Kanzel und ihnen davon vorschwärmen. Aber der Mensch denkt und Gott lenkt. Kaum war ich zu Hause, klingelt einer an der Türe. Sagt, er hat Hunger, aber kein Geld mehr Monatsende. Einen Gutschein für den Aldi kann ich ihm nicht geben, er hat grade erst einen bekommen. Aber Hunger kennt keine Regeln, und er hat wirklich Hunger. Da merkte ich, Ich muss ihm das Brot schenken, er braucht es mehr als ich.
Martin Luther hat mal gesagt: Alles was du mehr hast, als du brauchst, das gehört dir nicht. Das hat Gott dir gegeben, damit du es weiter gibst.
Brot von morgen. Und der Friede Gottes, der höher ist als alle Vernunft, bewahre eure Herzen und Sinne in Christus Jesus. Amen.
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