
27/07/2025 0 Kommentare
Lebendige Steine in der Abendsonne - Predigt am 27. Juli 2025 von Pastor Matthias Altevogt
Lebendige Steine in der Abendsonne - Predigt am 27. Juli 2025 von Pastor Matthias Altevogt
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Lebendige Steine in der Abendsonne - Predigt am 27. Juli 2025 von Pastor Matthias Altevogt
Liebe Gemeinde,
I Steine suchen an der Ostsee An der Ostsee gibt viele Strände voll mit wunderschönen Steinen. Steine in allen Formen und Farben. Man kann sie sammeln und als Andenken mit nach Hause nehmen. Ich hab mal ein paar mitgebracht. Es gibt weiße, braune, rote, graue, blaue, schwarze. Einfarbige, bunte und gesprenkelte. Manche sind rund und glatt. In Hunderten von Jahren auf dem Meeresboden von den Wellen hin- und her gerollt, abgeschliffen. Es gibt Steine mit Ecken und scharfen Kanten, zerbrochen, abgesplittert. Auf machen ist der versteinerte Abdruck einer zarten Pflanze oder eines Schneckenhauses. Bernstein findet man und Donnerkeile, die waren mal ein Tintenfisch vor Millionen Jahren.
II Ich als Stein
Wenn du ein Stein wärest, welche Sorte wärest du? Bunt oder zurückhaltend unauffällig? Abgeschliffen von den Wechselfällen des Lebens, rund gemacht von den lieben Mitmenschen? Oder einer mit Ecken und Kanten, rau oder abgesplittert?
Und wie ist dein Leben gerade so? Bist du auf der Sonnenseite am Strand oder im Schatten? Liegts du still im Windschatten am Ufer. Oder liegst du am Meeresboden und die Wellen rollen dich weiter zu neuen Ufern? Bist du ein einzelner Stein oder mehr Teil einer Mauer, eines Hauses? Fester eingebunden in eine Familie, eine Gemeinschaft? Tragende Säule, Grundstein, oder eine von vielen, oder eher Schmuck und Zierde? Fühlt es sich gut an oder wie eingemauert?
II Die Westwand
Man muss nicht weit fahren, um schöne Steine zu sehen. Gehen sie doch mal in den kleinen Park hinter der Kirche, und ein paar Schritte weg von der Kirche und schauen Sie auf die Rückseite der Kirche, die Westwand. Hoch ragt sie auf, beeindruckend. Stabil und unerschütterlich. Sie ist aus Bruchsteinen gemauert. Tausende von Steinen jeder anders geformt, große und kleine, mit Ecken und Kanten. Jeder hat seinen eigenen Farbton, von Rot über gelb bis braun. Für jeden haben die Baumeister eine passende Stelle gefunden, wie ein Riesenpuzzle. Mit Mörtel verbunden zu einer starken Mauer. Sie steht schon 700 Jahre.
An Regentagen unauffällig. Aber wenn am Abend die Wolken ausgehen und von Westen die Sonne darauf scheint, leuchten sie hell auf. Schön und warmes reflektieren sie das weiches Abendlicht. Dann leuchten und glühen die Steine.
III Das Haus aus lebendigen Steinen
Im Predigttext aus dem 1. Petrusbrief heißt es: Gott baut seine Kirche. Nicht das Gebäude aus Steinen, sondern die Gemeinschaft von Menschen. Aus vielen einzelnen Menschen , ganz verschiedene große, kleine, alte junge, mit verschiedenen Meinungen, Lebensgewohnheiten, arm, reich, glücklich, unglücklich, und alles dazwischen. Abgerundet oder mit Ecken und Kanten. Gott bringt Menschen zusammen, damit sie eine starke Gemeinschaft bilden. Sind seine Gemeinde. Ein Haus aus lebendigen Steinen.
In eine Familie wirst du hineingeboren, die suchst du dir nicht selbst aus. Und es fühlt sich an wie ein starkes Haus oder wie einmauert. Manchmal beides zugleich. Freunde suchst man sich selbst aus und in einen Verein gehen Menschen, die dasselbe Hobby haben. Und Kirche? Warum gehören wir hier zusammen? Nicht weil wir uns so ähnlich sind oder alle die gleiche Meinung haben. Gar nicht! Die Antwort: Gott hat uns aufgesammelt wie Steine am Strand und zu einer Mauer, einem Haus zusammengefügt. Der Heilige Geist ist der Baumeister und der Mörtel. Er fügt uns an der richtigen Stelle ein und verbindet uns. Ein Haus aus lebendigen Steinen. So sagt das der Petrusbrief, den wir heute als Predigttext haben.
IV Spieglein, Spieglein an der Westwand - wir sind die schönsten im Land
Ich liebe es, wenn am Abend die Sonne auf die Westwand der Marienkirche scheint. Ich kann von meiner Terrasse darauf schauen. Aber als ich diesen Predigttext vor mir hatte, habe ich verstanden: Da kann man genau das sehen, was Gott mit uns macht. Die Westwand der Marienkirche ist wie ein Abbild oder Spiegelbild davon. Ein Stein darin ist deiner. Das bist du. Groß oder klein, mit Ecken und Kanten und mit einem eigenen Farbton. An grauen Tagen merkt man gar nicht, wie schön und bunt diese Wand ist. Aber wenn am Abend die Wolken aufreißen, leuchtet die Wand auf. Sie spiegelt das weiche warme Licht der Abendsonne. Fast glüht sie.
Wie heißt es im Segen am Ende des Gottesdienstes? Der Herr lasse sein Angesicht leuchten über dir. Gott schaut auf uns wie die Abendsonne auf die Kirchenwand. Dann leuchten wir. Das Schönste und Beste in uns leuchten auf. Denn wir sind Gottes Ebenbild. Seine geliebten Kinder. Seine geliebte Gemeinschaft. Er hat uns aufgesammelt und zusammen gefügt. Zu einer starken Gemeinschaft. Er schaut auf uns, seine Augen leuchten dabei vor Liebe. Und das bringt uns zum Strahlen. Wir werden schön und leuchten im Licht seiner Gnade.
V Eckstein Jesus Christus
Lasst uns noch einmal in Gedanken hinter die Kirche in den Park gehen und die Wand anschauen. Kann man auch mal abends machen, einen Campingstuhl mitbringen. Am Rand, wo es um die Ecke geht, gibt es glatte bearbeitete Steine, die gehen einmal von Rand in die eine Wand, und darüber der Eckstein geht von der Ecke in die andere Wand. Sie heißen Ecksteine. Sie machen die Wände stabil. Die halten das Gebäude zusammen. Und irgendwo ganz unten in einer der Mauern, unter der Erde im Fundament, da gibt es den allerersten Stein, mit dem der Bau begonnen wurde. Das ist der Grundstein.
Der Petrusbrief sagt: Um seine Kirche zu bauen, hat Gott einen Grundstein und Eckstein ausgewählt, Jesus Christus. Die Kirche ist also nicht gebaut auf Gebäuden. Nicht auf Geld, nicht auf Tradition, nicht auf Gesetzen und Bekenntnissen. Nicht auf Einfluss und Mitgliederzahlen. Sie ist gebaut auf Jesus Christus. Er hält die Menschen, die Gemeinde zusammen als guter Hirte. Er macht sie stark und fest. Wir als gute Schafe kennen seine Stimme. Auf die sollten wir hören.
Wie möchte er, dass wir handeln? Wie möchte er, dass seine Kirche aussieht? Wohin will er uns führen in die Zukunft? Wir müssen ihn um Rat bitten. Die Bibel lesen und hören. Beten, Lauschen. Bis wir seine Stimme hören und Klarheit haben. Dann ist unsere Gemeinschaft nicht auf Sand gebaut, sondern hat ein Fundament. Dann ist sie eine Herde, die einen Hirten hat. Er führt uns zum frischen Wasser. Er geht mit uns durchs finstere Tal. Er deckt und den Tisch vor den Augen unsrer Feinde.
VI Stolpersteine
Wir sind eingebaut in Gottes Gemeinschaft. Sein Licht scheint auf uns. Das ist großartig. Ein Geschenk. Aber auch eine Verpflichtung. Jesus Christus ist der Eckstein. Aber auch der Stolperstein. Wieso. Gottes Liebe ist bedingungslos. Sie gilt allen Menschen. Jesus hat das gelebt. Deshalb gibt es ein paar Gebote, an die er sich nicht gehalten hat. Weil sie nicht von Gott sind, sondern von Menschen. Diese Gebote heißen: Mit denen spricht man nicht. Die gehören nicht uns. Die muss man verachten. Von denen muss man sich streng fern halten. An diese Regeln hat er sich nicht gehalten. Er hat Grenzen zwischen Menschengruppen überschritten. Weil Gottes Liebe allen gilt. Das ging vielen zu weit. Gerade die Führenden haben sich an ihm gestoßen, über ihn geärgert. Schließlich haben sie ihn ausgestoßen. Draußen vor der Stadt gekreuzigt. Er war der einsame weggeworfene Stein. Auf den Schutthaufen geworfen. Genau diesen Stein hat Gott erwählt. Und zum Grundstein gemacht. Nur ein Steinwurf von unsrer Kirche entfernt, in der Helle sind im Pflaster besondere Steine eingelassen. Stolpersteine. Sie liegen vor bestimmten Häusern. In denen haben Menschen gelebt, die man ausgeschlossen hat. Aus der Stadt weggebracht in Zügen nach Riga und Auschwitz. Juden gehörten auf einmal nicht mehr dazu. Wurden ausgeschlossen aus der Volksgemeinschaft.
Jesus war Jude. Der Glaube der Juden ist das Fundament, auf dem die Christen stehen. Als die Juden aus dem Haus Deutschland mit Gewalt herausgerissen wurden, hat es nicht lange gedauert. Dann lag Deutschland in Schutt und Trümmern. Ein Haus, ein Land ist nur stabil, wenn keiner ausgeschlossen wird. Wenn alle die darin wohnen mit gleichen Rechten, gleicher Achtung behandelt werden. Die Kinder und die Alten. Die Reichen und die Armen. Die Juden, die Muslime, und die ohne Religion. Auch die in unser Land gespült werden von den Stürmen dieser Welt, von Krieg und bitterer Not. Sie sind hier gestrandet. Nun gehören sie dazu. Jede und jeder ein Ebenbild Gottes. Darauf verpflichtet uns Jesus. Unsere Gemeinde, unsere Kirche muss ein Schutzraum sein. Ein Raum voll Respekt und Liebe für jeden Menschen. Eine offen Tür und eine feste Burg, eine Mauer für alle die ausgeschlossen werden, verachtet. Auch wenn wir dabei selbst in Gefahr geraten, angegriffen werden, ausgeschlossen. Dann müssen wir zusammen stehen. Steine in derselben Mauer, im selben Haus.
Und wissen: Unser Eckstein ist Christus. Wir haben festen Stand. Gott selbst lässt sein Angesicht über uns scheinen. Wir sind seine geliebten Kinder. Wir gehen in seinem Licht, Hand in Hand.
Und der Friede Gottes, der höher ist als alle Vernunft, bewahre eure Herzen und Sinne in Christus Jesus. Amen.
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