Weihnachten durchbuchstabieren - Predigt in der Christmette mit Quempas

Weihnachten durchbuchstabieren - Predigt in der Christmette mit Quempas

Weihnachten durchbuchstabieren - Predigt in der Christmette mit Quempas

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Weihnachten durchbuchstabieren - Predigt in der Christmette mit Quempas

Liebe Gemeinde, vorhin so gegen 4 Uhr früh, habe ich noch geschlafen. Dann hat der Wecker  in meine Träume hineingebrüllt. Tief hat er sich in meinen Schlaf hineingebohrt. Aua. Um Aufzustehen, musste ich kämpfen. Die Augen wollten nicht aufgehen, die Bettdecke hielt mich an den Beinen fest und rief: Bleib hier, draußen ist es so kalt! Endlich bin ich aufgestanden. Wenn ich jetzt wieder eindusele und den Quempas verschlafe. Das wäre peinlich! Ihr habt ihr vielleicht gedacht: Schnell, dass ich´s noch schaffe zum Einsingen. Oder: Hoffentlich bekomme ich noch einen guten Platz, nicht wie letztes Jahr hinter der Säule?

Wer hier ganz nah vor der Kanzel sitzt, kann den Chor nicht sehen. Aber dafür den Johannes, der ist hier ganz rechts in Holz geschnitzt. Müsst ihr euch nachher alle mal anschauen. Er hat lange blonde Haare. Ein Adler sitzt zu seinen Füßen, auf den Knien hat er eine Pergamentrolle, in der Hand einen Feder. Das Pergament ist leer. Er überlegt, wie fange ich an? Dann schreibt er die ersten Worte seines Evangeliums: "Im Anfang war das Wort. Und das Wort war bei Gott und Gott war das Wort." 

 Sie fingen gerade erst an, das Neue Testament zu schrieben, den 2. Teil der Bibel. Johannes und Lukas, Paulus und die anderen. Das Alte Testament, die Torah gab es schon. Sie beginnt mit denselben Worten wie Johannes: Am Anfang.

Am Anfang schuf Gott Himmel und Erde. Wie? Gott  sprach: Es werde Licht! Und es ward Licht. Ein Tat-Wort, es wirkt, was es sagt. Machtvoll. Ich verrate euch ein Geheimnis: Jeden Tag, wenn die Sonne aufgeht, spricht Gott dieses Wort: Dann schafft er die Welt neu und ihr könnt dabei zusehen. Hier durch die Kirchenfenster. Zu Hause bei euch. Oder auf einem Berg. Am Meer.

"Am Anfang war das Wort und Gott war das Wort." Gott teilt sich der Welt mit, spricht die Menschen an. Indem er spricht, entsteht Leben. Ein starker Anfang. Aber wie geht es weiter? Johannes überlegt, den Blick zum Himmel, den Stift in Hand. Hier an der Kanzel ist der Moment festgehalten, in Holz geschnitzt. Großes Kino. Momentaufnahme.

Dann schreibt er: "Das Wort ward Fleisch und wohnte unter uns und wir sahen seine Herrlichkeit." Vom Anfang der Welt springt Johannes mitten in die Zeit. Als Quiriniuus Statthalter in Syrien war und Augustus Kaiser in Rom. Die ist Welt ist verloren und braucht einen Neustart. Mit der Geburt dieses Jesus spricht Gott noch einmal: "Es werde Licht!" Das Volk das im Finstern wandelt, sieht ein helles Licht. Die Klarheit des Herrn leuchtet um sie. Jesus ist das Licht der Welt.     

Gott schickt keine Nachricht, er schickt einen Botschafter. Einen Menschen aus Fleisch und Blut, der verkörpert Botschaft, er lebt sie. Mit Hand und Fuß, mit Herz und Verstand. Mit Blut, Schweiß und Tränen. In Bethlehem wird er geboren. Das ist ein Anfang, dem ersten Schöpfungstag ebenbürtig.   


Weihnachten kommt mit großen Worte: Frieden auf Erden. Freude für alle Völker. Der Retter ist da. Aber da ist die bange Frage: Was, wenn es nur leere Worte sind, die sich nicht erfüllen? Träume unter der warmen Bettdecke? Wenn wir aufwachen, wartet die harten Realität. Wollen wir nicht einfach im Bett bleiben unter der Kuscheldecke, wenigsten ein paar Tage? 

An Weihnachten schreiben wir warme Worte auf Karten und in Briefe. Wir schicken Fotos, die sagen mehr als tausend Worte. Wir setzen Liebe in Taten um: Kochen und backen, putzen und schmücken, verpacken und schenken. Wir machen uns auf die Reise. Klopfen an, öffnen die Türen, schließen uns in die Arme. setzen uns an den gedeckten Tisch. Alles Liebesbotschaften, in Wort und Tat. Aber leicht geht es schief. Ein falsches Wort und die alten Wunden reißen wieder auf. Die Freude verfliegt. Scharfe Worte, Tränen, Türen knallen, Abfahrt. Oder die Faust aufs Auge. Nie tut es so weh wie an Weihnachten. Wir haben es erlebt.         

Was setzen wir dagegen? Große Worte und schöne Geschichten von Engeln und Krippenkind. Aber reicht das? Kann das bestehen in der harten Realität, in der verlorenen Welt? Vielleicht hat sich das Johannes auch gefragt. Er ist ein Freund der großen Worte: Licht, Herrlichkeit, Wahrheit. Stark, aber auch wolkig. Seine Antwort lautet: Ja, Weihnachten ist ein Traum. Der Traum  von Frieden und Menschlichkeit. Von einem Gott der sich kümmert.

Aber Weihnachten geht es auch um einen Menschen aus Fleisch und Blut, Jesus von Nazareth, der Sohn der Maria, von Josef adoptiert. Er hat den Traum gelebt, die Botschaft verkörpert. Hilfe den Mühseligen und Beladenen. Gott ist nah. Das hat er gelebt, dafür ist er eingestanden, auch als es ungemütlich wurde. Er hatte seine Begegnung mit dem Bösen, mit dem Scheitern, mit dem Tod. Das Kreuz ist harte Realität. Er hat es durchgekämpft, durchgestanden. Mit Herz und Hand. Mit Blut, Schweiß und Tränen. Ist auferstanden. 

Das Wort ward Fleisch und wohnte unter uns und wir sahen seine Herrlichkeit.     Unser Glaube ruht nicht auf leeren Worten, sondern auf einem Menschen der seine Botschaft durchbuchstabiert hat. Frieden ist möglich, Liebe ist möglich. Jesus Christus steht dafür ein.

Nun wird wir dran. Das durchbuchstabieren in der harten Schule des Lebens. Durch uns nimmt Gottes Liebe Gestalt an, bekommt die Weihnachtsbotschaft   Hand und Fuß. in den Spuren Jesu gehen, seinem Ruf folgen.  

 Als Student habe ich in Heidelberg gelebt. Die Stadt der Romantiker und Träumer mit Altstadt, Fluss und Burgruine. Ich hatte Träume. Von Liebe und Romantik, von einem Beruf, den ich gern mache, von einer kleinen Stadt, in der ich leben kann. Von Freunden und Familie. Alles unerfüllt und ungewiss. Was daraus wird, wusste ich nicht. Hoch über der Altstadt von Heidelberg auf der anderen Seite des Flusses, verläuft ein Fußweg, der Philosophenpfad. Da bin ich träumend oft entlang gegangen. Da steht ein Stein. am Wegrand, mit einer verheißungsvollen Inschrift: "Schläft ein Lied in allen Dingen, die da träumen fort und fort. Und die Welt hebt an zu singen, triffst du nur das Zauberwort." Das hat mir Mut gemacht in aller Ungewissheit.        

Die Romantiker sind überzeugt:  Es ist alles schon da, es schlummert und  träumt in den Dingen. Es wartet darauf, geweckt zu werden. Die Bibel ist genauso romantisch und realistisch zugleich. Es ist alles schon da. Gott wirkt in der Welt. Handfest und verlässlich. Jesus ist da, das Licht der Welt. Deshalb ist Liebe möglich und Frieden.   Romantiker suchen das Zauberwort, das die Welt zum Klingen bringt.

Johannes hat es gefunden. Es lautet "Jesus Christus". Seine Lieder singen, an seiner Seite gehen. Auch das Kreuz auf sich nehmen, leiden und kämpfen, scheitern und aufstehen. Dann erwacht der Traum zum Leben, das ist stärker als der Tod. Dann fängt die Welt an zu klingen.

W  enn wir es jetzt auch wieder von Jesus Christus singen, dann fängt die Welt an zu klingen. Und wird taufrisch wie am ersten Tag. Amen.

 

 

 

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