Wacklige Weihnacht - Predigt am Heiligen Abend

Wacklige Weihnacht - Predigt am Heiligen Abend

Wacklige Weihnacht - Predigt am Heiligen Abend

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Wacklige Weihnacht - Predigt am Heiligen Abend

Liebe Gemeinde, Weihnachten weckt das innere Kind in mir. Ich erinnere mich an die Wippe, die auf dem Spielplatz stand, wo wir immer hingingen. Sie kennen das vermutlich: Man setzt sich zu zweit drauf, jeder an ein Ende und dann kann man wippen, rauf und runter. Mal bist du oben, dann geht es mit Schwung runter und gleich wieder hoch. Auf dem Weg, wenn es wechselt von oben nach unten und von unten nach oben, kitzelt es im Bauch. 

Wenn man jemand hat, der so schwer ist wie man selber, mit dem man sich gut versteht, macht das Riesenspaß. Es kann auch blöd sein, wenn jemand mit wippt, der schwerer ist als Du und der dich ärgern will. Dann macht er oder sie sich schwer und lässt dich oben verhungern. Zum Abspringen ist es zu hoch. Und dann lässt er dich auf einmal runtersausen, dass du ganz hart aufknallst. Das macht keinen Spaß!

Jetzt im Winter, wenn es nass und kalt ist, kann man nicht auf den Spielplatz. Beim TV hier in Lemgo in der Pideritstraße bei der katholischen Kirche,gabs im Winter einmal im Monat "Sporteln mit Papa". Da bin ich mit den Kindern hingegangen, als sie klein waren. Da war ein Hindernisparcours aufgebaut, und es gab auch eine Wippe. Ein Rolle aus Holz oder Kork, so dick wie ein kleiner Baumstamm. Darauf lag ein Brett, 4-5 Meter lang. Das eine Ende lag auf dem Boden, das andere ragte in die Luft, in der Mitte untern drunter die Rolle. Eine Wippe eben.

Wenn man den Fuß drauf setzt und die ersten Schritte macht, ist es ganz stabil. Aber zur Mitte hin wird es gefährlich und man kriegt Schiss. Es wird es wackelig und auf einmal kippt es auf die andere Seite. Da kann man leicht runterfallen. Zum Glück liegt eine Turnmatte drunter. Wenn man erstmal über die Mitte ist, senkt sich das Brett und liegt wieder fest auf. Dann kann man ganz einfach zum Ende laufen. Geschafft!  

Weihnachten ist wie über eine Wippe laufen. Du läufst erst mal los, Anfang Dezember, das übliche: Adventskalender, Adventskranz. Wohnung schmücken, Wunschzettel. Und irgendwann wird es kippelig. Du merkst: O, es wird knapp. Ob ich noch alles schaffe? Und ich bin noch gar nicht in Weihnachtsstimmung. Wie auch - bei dem Stress. Das wird nichts dies Jahr. Und dann kommt doch ein Augenblick, wo es kippt. Ich komme in den Weihnachtsflow. Beim Plätzchenbacken am Wochenende vielleicht oder wenn ich Weihnachtsmusik anmache, "Driving home" oder "Jauchzet, frohlocket". Oder beim Baumschmücken. Spätestens hier in der Kirche beim "O du fröhliche", wenn wir alle zusammen singen. Das ist toll.   

Ja, und wenn Weihnachten so richtig schön ist, kann es auch wieder kippen.  Jemand ist enttäuscht über sein Geschenk und heult los. Jemand will hat noch eine alte Rechnung offen und stichelt bis es knallt. Jeder hat andere Vorstellungen und Bedürfnisse, mancher haut seinen Frust einfach mal raus. Oder Erinnerungen und Trauer kommen noch. Weihnachten ist wie eine Wippe. Wer sich verantwortlich fühlt und will, dass es schön wird, dass es allen gut geht, der balanciert zwischen allen Stühlen. Der weiß, wie wackelig das alles ist.  

Die gute Nachricht: Weihnachten ist von Natur aus so. War schon von Anfang an so. Zwischen Maria und Josef stand es echt auf der Kippe. Er wollte sie verlassen, weil das Kind nicht von ihm war. Steht so in der Bibel! Das erfindet man nicht. Gott musste extra einen Engel schicken, der hat ihn überredet, dem Kind ein Vater zu sein. Beinahe wäre Jesus auf der Straße geboren! Dann hat sich doch jemand erbarmt und ihnen den Stall aufgemacht. Eine Nacht nur waren sie geborgen und umsorgt von Hirten und Königen. Dann mussten sie schon wieder auf die Straße und waren auf sich gestellt. Fliehen vor König Herodes. Weihnachten war schon von Anfang an kippelig. 

 Es gibt sehr ernste Kipppunkte. Wenn eine immer über ihre Kraft gefordert wird in Beruf und Familie und kann nie genug ausruhen - und schließlich wird sie ernsthaft krank. Ein einsamer verbitterter Mensch stößt jahrelang dunkle Drohungen aus. Und dann tut er´s wirklich. keiner hat es kommen sehen und keiner kann das Unheil ungeschehen machen. Da kann man verzweifeln. Das ist aber nicht das letzte Wort. Wir haben etwas dagegen zu setzen. Trotzig. Weihnachten damals war ein absoluter Kipppunkt. Mit Jesus Christus ist Weltgeschichte zum Guten hin gekippt. Seitdem ist etwas entscheidend anders. Gott ist in der Welt, bei den Menschen. Ein Licht scheint im Dunkeln, das niemand auslöschen kann.   

Darauf kannst du dich verlassen. Gott wackelt nicht. Er ist bei uns auf allen Wegen. Hält uns fest, wie ein Papa das Kind, das über die Wippe geht. Wenn wir aus der Kurve fliegen, hilft er uns wieder auf. Und selbst, wenn du am Boden liegst - da ist nicht schön. Aber der Boden ist fest und trägt dich. Da ist Gott. Du kannst nicht tiefer fallen als in seine Hand. Im Ganzen sind wir auf der sicheren Seite. Seit Jesus Christus geboren wurde, läuft alles auf ein gutes Ende zu.   

Gott liebt das Wippen. Im Lied "Lobt Gott, ihr Christen alle gleich" wird es besungen: "Er wechselt mit uns wunderlich, Fleisch und Blut nimmt er an. Er wird ein Knecht und ich ein Herr, das mag ein Wechsel." Gott kommt herunter und hebt uns in den Himmel. "Der fröhliche Wechsel" hat Martin Luther das genannt. Gott ist ein Spielkind und lädt uns ein zum  Wippen.   

Das Wackelige hat auch sein Gutes. Manchmal kippt die Welt ganz leicht ins Gute, auch deine Welt. Ein kleiner Anstoß genügt. Ein Schritt zur Seite, in eine andere Richtung. Das schaukelt sich auf. Kindertränen sind schnell getrocknet und vergessen. Die Musik macht Herzen weich. Und mancher sagt sich: Vergessen wir den alten Streit, es lohnt sich nicht ewig nachzutragen.   

Wenn alle mitspielen an Weihnachten und auf einander achten, sich leicht nehmen, sich leicht machen und das schwere schwer sein lassen mit Respekt und Mitgefühl, so wie es angemessen ist, dann ist es ein gutes, ein herrliches Spiel. Das wünsche ich uns allen. Frohe Weihnachten! Amen.

 

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